Wiedervereinigung, die letzten Piasten und das Haus Anjou 1295-1386

Versuche das Land erneut zu vereinen wurden aus Posen und Gnesen unternommen. Ende des 13. Jahrhunderts übernahm Przemyslaw II., Herzog von Großpolen, die Führung bei der Zusammenführung piastisch-polnischer Herzogtümer.

Vereinigungsversuche und die böhmischen Přemysliden

Przemyslaw, Herzog von Großpolen und PommerellenWenn Przemyslaw II. auch nie dauerhaft über Kleinpolen herrschte, regierte dort doch etwa ein Jahr lang, bevor er von den Böhmern nach Posen gedrängt wurde. Da er allerdings im Besitz der Krakauer Königssignien, Großpolens und Pommerellen war, krönte ihn der polnische Erzbischof Jakub Swinka 1295 in Gnesen zum König, womit Przemyslaw II. Polens vierter König seit Boleslaw dem Kühnen war. Dieser symbolische Akt markiert das Ende des polnischen Partikularismus. Mit Przemyslaws Krönung wurden die Kräfte das polnischen Adels und der Kirche gebündelt, um die staatliche Einheit gegen Widerstand der böhmischen und deutschen Landesfürsten wiederherzustellen.

Diese neue Machtposition brachte jedoch auch Feinde mit sich und so wurde er bereits ein Jahr nach seiner Krönung im Auftrag des Marktgrafen von Brandenburg getötet. Przemyslaw vermachte Pommerellen und Großpolen seinem Vetter Wladyslaw Ellenlang, dem Herzog von Kujawien, dem es auch gelang, diese beiden Provinzen bis 1300 gegen Böhmen verteidigen zu können. Die Brandenburger eigneten sich direkt nach dem Tod des Königs zusammen mit Heinrich III., dem Fürsten von Glogau, einige Gebiete Großpolens an.

Die böhmischen Könige schafften es nach dem Tod des Königs in den Besitz der polnischen Krone zu kommen. Dabei handelte es sich um Wenzel II. und in der Nachfolge seinen leiblichen Sohn Wenzel III.. Ab 1291 herrschten sie über Kleinpolen, im Jahre 1300 wurden sie sogar zu Königen von Polen gekrönt. Um seiner Herrschaft den Eindruck von Legalität zu verleihen, heiratete er Przemyslaws Tochter. Seinen polnischen Gegner Wladyslaw Ellenlang zwang er ins Exil. Papst Bonifatius VIII. erklärte Wenzels Herrschaft über Polen jedoch trotzdem für illegal. Nachdem Wenzel III. 1306 ermordet wurde, waren damit die Přemysliden im Mannesstamm erloschen. Die Luxemburger kamen als erste deutsche Dynastie in Böhmen an die Macht, doch auch der böhmische Herrscher wurde ermordet. Nun war die Herrschaft der Piasten vorerst gesichert und Wladyslaw Ellenlang wurde offziell als Herrscher Polens anerkannt. Ihm gelang es Polen erneut zu vereinigen, wenn auch etwas verkleinert.

Wladyslaw Ellenlang

König Wladyslaw I. setzte die polnische Einheit endgültig durch (Porträt von Jan Matejko)Mit Hilfe aus Ungarn gelang es Wladyslaw aus dem Exil nach Polen zurückzukehren und von 1305 bis 1306 die Herrschaft in Kleinpolen zu erlangen.

Im Jahre 1308 erfolgte dann eine gewaltsame Annexions ganz Pommerellens durch den Deutschen Ritterordens, da Wladyslaw sich nicht an die Absprache gehalten hatte, die Brandenburger aus Danzig zu vertreiben. Durch die Sicherung der Weichselmündung konnte die Ordenshauptstadt von Venedig nach Marienburg verlegt werden. Dieser gegen einen christlichen Staat gerichtete Akt bedeutet für den Orden, dass er seine Heidenmission faktisch verlor und von nun an eine Territorialmacht wurde. Polen wurde außerdem der Zugang zur Ostsee verbaut. So enstand die Korridorfrage und es begann eine jahrhundertelange Feindschaft zwischen dem Königreich Polen und dem Deutschen Ritterorden, die erst 1466 endete.

Während eines Aufstands des großpolnischen Adels im Jahr 1314 gegen die Herrschaft der Fürsten von Glogau, wurde Großpolen an Wladyslaws Reich angegliedert. 1320 erfolgte die Krönung Wladyslaws zum König von Polen. Die unklare Situation in der Mark Brandenburg versuchte Wladyslaw fünf Jahre nach seiner Krönung auszunutzen und den Herrschaftsbereich der märkischen Grafen zwischen 1325 und 1329 auf das Gebiet westlich der Oder zu reduzieren. Der Lebuser Bischof Stephan unterstütze ihn hierbei, gegen den Willen seines neues Landesherrn, dem Marktgrafen Ludwig aus dem Haus der Wittelsbacher. Allerdings brachten die Auseinandersetzungen kaum Landgewinn für Polen, in der Neumark blieb nur verbrannte Erde zurück. 1329 wurde der Brandenburger Frieden geschlossen, da sich böhmisch-deutsche Luxemburger mit den Deutschordensritter gegen ihn verbündetet hatten. Im Winter 1327 zog der böhmische König Johann von Luxemburg gegen Krakau, jedoch zwangen ihn die Ungarn zurückzuweichen. Viele Herzöge von Schlesien huldigten ihn ob seiner militärischen Überlegenheit dennoch und so erkannten von 1329 bis 1331 alle piastischen Fürsten - bis auf einige wenige - die Lehnshoheit Böhmens an.

Domenico Quaglio: Die Stadt Marienburg ab 1309Die Expansionspolitik des Deutschen Ritterordens, die sich gegen Polen richtete, führte 1329 zum Verlust des Dobriner Ländchens sowie 1332 von Kujawien. Großpolen wurde dabei völlig verwüstet. Doch obwohl Heere der Ordensritter und der Böhmer besiegt worden waren, gelang es dem polnischen Souverän nicht, die gewaltsame Annexion beider Gebiete zu verhindern. Der Piasten-Fürst von Plock leistete daher dem König von Böhmen, Johann, bis ins Jahr 1351 den Lehnseid. Der König starb1332 während eines Waffenstillstands, seine Nachfolge trat sein Sohn Kasimir ab. Dieser ließ sich unmittelbar nach dem Tod seines Vaters zum König von Polen krönen und übernahm damit ein schwieriges Erbe.

In die Geschichte Polens ging Wladyslaw als Einiger des Reichs ein. Mittels Bündnisse mit dem Großfürstentum Litauen und dem Königreich Ungarn versuchte er die so genannte „deutsche Umklammerung“ durch Brandenburg, den Deutschen Orden und adlige Deutsche in polnischen Städten zu verhindern. Der Papst unterstütze Wladyslaws Kampf gegen die deutschen Autoritäten. Das größtenteils slawische Böhmen stellte ebenso eine Gefahr für das polnische Königreich dar, denn es wurde seit 1310 von den Luxemburgern regiert, also das erste Mal von einer deutschen Dynastie. Da sie sich als Erben der vorherigen Dynastie sahen, lasen sie daraus Ansprüche auf Schlesien und Polen ab. Doch trotz dieser schwierigen Umstände gelang es Wladyslaw sein Schaffen mit der Krönung zum polnischen König zu manifestieren. Ihm gelang es jedoch nicht, die alten piastischen Gebiete zurück zu erobern. Seinem Sohn vermachte er lediglich zwei alte Herrschaftsbereiche der Piasten, Großpolen um Posen sowie Kleinpolen mit Krakau.

Kasimir der Große

König Kasimir der GroßeKasimir übernahm von seinem Vater unter anderem das Bündnis mit Ungarn, welches durch die Heirat seiner Schwester Elisabeth mit dem König von Ungarn. Die Gebiete, die Kasimir erbte, waren verglichen mit den Grenzen des Staates von 1138 relativ klein. Im Westen war die Grenze weit nach Osten zurückgedrängt, Pommern war bereits 1181 zum reichsunmittelbaren Fürstentum des Heiligen Römischen Reiches geworden. Westliche Gebiete von Großpolen wurden Ende des 13. Jahrhunderts von den Marktgrafen aus Brandenburg erobert. Im Norden verhielt sich ähnlich, hier eigneten zwischen 1309 und 1332 die Ritter des Deutschen Ordens Pommerllen, das Dubriner Ländchen und Kujawien an. Von 1327 bis 1331 hatten sich bereits die meisten schlesischen Piasten unterworfen und damit dem Druck der Deutsch-Luxemburger aus Böhmen nachgegeben.

Dem Königreich, bestehend aus Großpolen, Kleinpolen und einigen mittelpolnischen Ländern, wurde der Name Corona Regni Poloniae als transpersonaler Staatsbegriff gegeben. Auch wenn Polens Lage trotz allem äußerst kritisch war, wollte Kasimir die Politik seines Vaters nicht fortführen und setzte stattdessen auf friedlichere und diplomatischere Lösungswege.

Königreich Polen um 1341 So bemühte sich König Kasimir, den Konflikt mit Johann beizulegen. Im Vertrag von Namslau 1348 hatte das polnische Souverän zum ersten Mal die böhmische Lehnsherrschaft über Schlesien anerkannt. In einem vorherigen Vertrag, dem Vertrag von Trentschin, hatte Kasimir seine dynastischen Ansprüche auf Schlesien zurückgenommen und gleichzeitig die böhmische Herrschaft über Schlesien anerkannt. Johann dagegen verzichtete gegen Geld auf die polnische Krone und schränkte seine Unterstützung für den Deutschen Orden ein. Damit scheiterte jedoch der Versuch, die schlesisch-piastischen Vetter des Königs wieder unter die Botmäßigkeit des polnischen Souveräns zu zwingen. Dies war ohne Zweifel eine außenpolitische Niederlage für Kasimir. Trotz der mutigen Reformen war das Reich nicht in der Lage piastische Gebiete zurückzuerobern und doch genau dies war das Hauptziel der Außenpolitik.

Im Jahre 1348 wurde Schlesien schließlich durch den böhmischen König und den römisch-deutschen Kaiser Karl IV. den Ländern der böhmischen Krone angegliedert. Mit Polens Anerkennung der böhmischen Herrschaft über Schlesien entstand eine Westgrenze zwischen Polen und dem Heiligen Römischen Reich, die bis 1945 bestehen bleiben sollte. Die einzige Verbindung zwischen Schlesien und Polen über die Jahrhunderte war die kirchliche Zugehörigkeit zum polnischen Erzbistum in Gnesen.

 

Die Ausbreitung der Pest 1347 - 1351Da die alten piastischen Gebiete im westlichen Polen nun zum Heiligen Römischen Reich gehörten, orientierten sich die folgenden polnischen Herrscher in Richtung Osten. Zwischen 1340 und 1366 unterwarf Kasimir Galizien. 1343 schloss Kasmir Frieden mit dem Deutschen Orden. Dafür gab er Pommerellen und das Kulmer Land auf und erhielt Kujawien und das Dobriner Ländchen zurück. Im gleichen Jahr versuchte er seinen Einfluss in Pommern zu festigen. Dies führte wiederum zur Besetzung einiger Netze- und Neumarktdistrikte.

Im Jahre 1347 kam es zur Kodifikation des polnischen Rechts. Ein Jahr darauf breitete sich die Pest aus, die bis 1351 in Europa wütete. Auf diese humane Katastrophe reagierte Kasimir mit der Verhängung einer Quarantäne über sein Reich, sodass die Polen weitestgehend von der Seuche befreit blieben.

Nördlich des Reiches wurde 1351 Masowien unterworfen. Im Jahre 1363 veranlasste Kasimir die Gründung einer Universität in Krakau, nach Prag die zweite in Mitteleuropa.

1372 starb Kasimir ohne einen Sohn zu hinterlassen, die männlichen Piasten starben damit aus. Als Nachfolger bestimmte er seinen Neffen, den ungarischen König Ludwig den Großen. Dieser verband Polen und Ungarn zwischen 1370 und 1382 in einer Personalunion.

Ludwig von Ungarn und das Problem seiner Nachfolge

Jan MatejkoMit dem Tod König Kasimirs des Großen wurde Polen ab 1370 mit dem ungarischen Königshaus verbunden. Der ungarische König war der Sohn von Kasimirs leiblicher Schwester Elisabeth von Polen.

Ludwig von Ungarn war während seiner Regierungszeit nicht besonders beliebt, da er sich nur selten in Polen blicken ließ. Seine polnische Mutter Elisabeth übernahm die Geschäfte Polens für ihn. Ein weiterer Grund war, dass er das zu Polen gehörende Galizien für Ungarn beanspruchte. Da Ludwig keine Söhne hatte, wurde der polnischen Aristokratie 1374 politische Vorrechte gewährt, damit diese die weibliche Thronfolge mittrug. Dieser Vertrag wurde später zur Grundlage der „Adelsdemokratie“ in Polen.

König Ludwig I. von Polen und UngarnLudwig starb 1382 während eines Aufstands in Großpolen. Seine Tochter Hedwig von Anjou übernahm die Regierungsgeschäfte, 1384 wurde sie zur polnischen Königin gekrönt. Ihre Verlobung mit dem Prinzen Wilhelm von Habsburg, musste sie auf Druck des Volkes hin 1386 lösen, denn dieses wollte keinen Deutschen als König, ganz gleich ob Habsburger oder Luxemburger. Zu diesem Zeitpunkt herrschte ein stark antideutsches Klima in Polen, aufgrund des belasteten Verhältnisses zu den Deutschordensrittern und das Phänomen der Ostkolonisation. Aus Staatsräson musste sie mit gerade einmal 12 Jahren den viel älteren Großfürsten von Litauen, Jagiello ehelichen. Beide wurden 1386 noch einmal zusammen zu Regenten von Polen gekrönt.

Als Wladyslaw II. Jagiello sollte Hedwigs Ehemann als Begründer einer der mächtigsten Dynastien Europas in die Geschichte eingehen. Unter ihm erlebte Polen nicht nur sein Goldenes Zeitalter, sondern stieg für die nächsten 300 Jahre zu einer der führenden Kontinentalmächte Europas auf. Auch legte er den Grundstein für die jagiellonische Idee, die noch bis ins 20 Jahrhunderte weiterlebte.

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