Polen wurde im Mittelalter zum »Paradies« der Juden erwählt. Das polnische Königreich war offen und loyal, so dass das osteuropäische Land zum Ziel der Flüchtlinge und Ausgewiesenen wurde, die vor den vor allem Westeuropa verstärkt stattfindenden Pogromen flüchteten. Unbehelligt konnten die Juden hier ihre Traditionen pflegen, ihren Glauben leben. In manchen Gegenden lebten zeitweise mehr jüdische als christliche Polen, besonders im Süden (Galizien). Bis Mitte des 17. Jahrhunderts herrschte, sieht man von einzelten antisemitischen Aktionen ab, ein friedliches Neben- und Miteinander.
Nach dem großen Kosakenkrieg gegen Polen um 1648, dem auch über 100 000 Juden zum Opfer fielen, kam es zu einer völligen Desolation der jüdischen Bevölkerung. Synagogen waren vernichtet, der Lebensraum der Juden zerstört. Erst allmählich konsolidierte sich das polnische Judentum und um 1765 lebten wieder etwa 750 000 Juden in Polen, was einen Anteil an der Gesamtbevölkerung von ungefähr sieben Prozent ergab.
Das Schtetl (Anmerkung: ein Schtetl war eine Kleinstadt in Osteuropa mit jüdischer Bevölkerung, ein jüdisches Zentrum in einer nichtjüdischen, oft ländlichen Umgebung mit einem eigenständigen, geschlossenen Sozialsystem.) mit seinen Marktflecken wurde zum öffentlichen Mittelpunkt jüdischen Lebens. Hier wurde gehandelt, gefeilscht, gefeiert, getrauert. Die ostjiddische Sprache entwickelte sich, das Ostjudentum bildete sich als abgeschlossenes Kulturvolk heraus, welches bewusst das Jüdische lebte. So nahm auch die ostjüdische Küche ihren Aufschwung. Man beging die Festtage nach altjüdischem Brauch, der Sabbat war heilig. Das koschere Kochen wurde nach strengen religiösen Geboten befolgt.
Die Juden waren durch die vielen Wanderungen auf der Flucht vor Verfolgungen und Vertreibungen gezwungen, sich den Bedingungen und Umständen ihres jeweiligen Aufenthaltes anzupassen. So finden sich in der israelitischen Küche Produkte und Gewürze slawischer Länder, das Lamm aus dem Nahen Osten, holländische Salzgurken, osteuropäische Suppen, Buchweizen, Sahnegerichte. Von ihrem Aufenthalt auf dem Balkan brachten die Juden die Fertigkeiten mit, Füllungen für Speisen zu bereiten, aus Österreich-Ungarn den Gulasch, schmackhaften Strudel und gemahlenen Paprika, aus Marokko die Aubergine. Im Laufe der Jahrhunderte modifizierten sie die religiösen Gesetzen, ihren Lebensumständen. So sind denn der typische Sabbat-Hefezopf oder die Mazze (ungesäuerte Teig) Erfindungen der Meister jüdischer Kochkunst.
Sicher ist eines: Die jüdische Küche ist so vielseitig wie keine andere der Welt - und hat strenge Vorschriften: ungesäuertes Brot, Fleisch nur von "reinen" Tieren, keine Gerichte, die mit Fleisch und Milch vermengt sind. Die koschere Küche, so sagt es die jüdische Religion, schützt vor Sünde, Unmoral und ist streng hygienisch.
Weblink: Jüdische Rezepte bekommen Sie hier
Quelle: Polnisch Kochen - Gerichte und Ihre Geschichte von Magrit Liepe, Verlag Die Werkstatt