Die polnische Sprache

Przepraszam, wie sollte man es bloß aussprechen? Die Frage taucht gleich auf, wenn man etwas auf Polnisch vorzulesen versucht. Die polnische Sprache benutzt zwar die gewohnheitsmäßige, gut bekannte lateinische Schrift - genauso wie Deutsch und die meisten europäischen Sprachen - die Schrift allein garantiert aber nicht, dass es auch mit der Aussprache leicht fällt.

Achtung! (Aus-)sprache

Das polnische Alphabet hat 32 Buchstaben, 9 davon (ą , ć, ł , ę, ń , ś, ó, ź, ż ) fehlen im Deutschen, dafür gibt es im Polnischen keine Umlaute, "ß" und "v". Wenn man auch mit den "fremden" Buchstaben und Lauten, die keine Äquivalente in der Muttersprache haben, zurechtkommt, besteht eine weitere Schwierigkeit: dieselben (oder fast dieselben) Laute werden in Deutsch und Polnisch auf unterschiedliche Weise graphisch dargestellt: so wird z.B. für der Laut [∫] im Deutschen mit der Buchstabenkombination "sch" und im Polnischen mit "sz" bezeichnet (vgl. "Schlag" und "szłag"). "Sch" auf Polnisch wird dagegen getrennt gelesen, als s + ch, z.B. "schody" ("Treppe"). Das deutsche "tsch" ist im Polnisch mit "cz" bezeichnet (vgl. "Tschechien" - "Czechy" ). Das kann am Anfang der Bekanntschaft mit der Sprache etwas verwirren.

Es sind aber nicht nur diese Unterschiede oder Nasallaute und Palatalisierung, die die polnische Aussprache kompliziert machen.

Polnisch ist eine an Konsonanten reiche Sprache und eben dieses Reichtum verursacht viele Schwierigkeiten. Solche phantastische für das deutsche Ohr Kombinationen wie "szcz" (szczupły - mager) kann die deutsche Zunge kaum wiedergeben. Die geographischen Namen wie "Szczecin" werden einfach mit den deutschen wie "Stettin" ersetzt - und solche zweifache Benennungen gibt es vor allem für die Orte, die mehrmals unter polnischen und deutschen Gewalt gewesen sind (Swinemünde ist doch viel leichter als "Świnoujście). Das funktioniert aber nicht, wenn man auf Polnisch solche Wörter wie "szczególny (besonders), szczerość (Offenherzigkeit, Aufrichtigkeit) oder "szczęście" (Glück) auszusprechen versucht. Die Mehrzahl und Häufigkeit von den Zischlauten kann auch einen tüchtigen und motivierten Sprachlernenden in Verzweiflung bringen. Die polnische Rede wird vom deutschen Muttersprachler oft als einen unendlichen Zungenbrecher vernommen - eigentlich auch anderen slawischen Muttersprachlern wie Russen fällt polnische Aussprache nicht leicht. Und wenn man im Prinzip es nicht braucht, Polnisch zu beherrschen, bleiben noch Namen - .man sollte doch die Studenten/Mitarbeiter/Freunde korrekt anreden. So werden polnische Grzegorz oder Krzystof (noch "besser" sind die Kosenamen Grzesiu und Krzysiu) zu "Gregor" oder "Kristoph", mit den Familiennamen klappt der Trick nicht mehr und so entstehen die bizzaren Varianten.

Man könnte fragen: wozu dann die Mühe? Wenn viele Polen ganz gut Deutsch oder Englisch können?

Unsere östliche Nachbarn sind in ihre Sprache verliebt, die Hervorhebung, Bewahrung und Entwicklung der Muttersprache ist in Polen ein wichtiger Teil der nationalen Geschichte, Kultur - und gegenwärtigen Politik. Englisch gilt als Lingua franca in der modernen Welt und ist es auch oft in der Tat (wie Latein im mittelalterlichen Europa oder Arabisch in Asien), Englisch allein reicht aber heutzutage nicht mehr um konkurrenzfähig zu sein. Englisch und Spanisch/Französisch/Italienisch, sowie auch - immer weniger - exotische Chinesisch (!), Japanisch und Arabisch und benachbarte slawische Sprachen wir Russisch und Polnisch - das ist schon ein großer Anspruch auf eine erfolgreiche Karriere und gute Hilfe dabei.

Und wäre es vielleicht zwar bequem, aber langweilig, wenn man in allen Ländern nur ein Sprache gesprochen und identische Lebensweise gehabt hätte. Eine der wichtigsten Motivation für die Reisen ist eine andere Kultur zu erleben - wir lernen es eine fremde Mentalität zu verstehen, zu respektieren - und Liebzugewinnen und die Sprache ist ein Eintrittsticket in die fremde Kultur, sie öffnet die Türe und bahnt die Wege.

Die Zeit und die Mühe für das Erlernen der Fremdsprachen werden immer belohnt - ob es um die Kommunikation mit den Geschäftspartnern, Konversation mit den Freunden, Bestellung einer Spezialität im Restaurant - oder um Liebeserklärung geht.

Die Polen sind stolz auf Ihre Sprache - und auch auf ihre Schwierigkeiten. Und wenn ein Ausländer sich darin auskennt - ist er im polnischen Kreis herzlich willkommen.

Möchten Sie prüfen, ob Sie schon gut genug in der polnischen Aussprache sind? Dann versuchen Sie einen Top-Zungenbrecher auszusprechen:
W Szczebrzeszynie chrząszcz brzmi w trzcinie (das heißt eigentlich nur: "In Szczebrzeszyn summt der Käfer im Schilf").

Diese unmögliche Phrase war sogar einige Zeit im Guinness-Rekordbuch als eine der schwierigsten für die Aussprache für die Ausländer hingeschrieben und wurde dann von einer tschechischen ersetzt. Wenn Sie damit wirklich zurechtkommen - können Sie auf Überraschung und Respekt Ihrer polnischen Bekannten bauen und stolzen Sieg über die (Aus-)sprache feiern - aber Achtung! Es gibt noch Grammatik und das ist eine ganz andere Geschichte.

(Autorin: Marina Kulitschichina)